Offiziere der Royal Navy
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- Kategorie: Britische Marine
- Veröffentlicht: Sonntag, 22. August 2010 10:50
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Direkt unterhalb der Admiralsränge waren die Offiziere zu finden. Diese erhielten nach dem bestandenen Leutnantsexamen ein vom König unterzeichnetes Patent. Anders als die vom Navy Board gestellten Deckoffiziere, erhielten die Offiziere ihre Bestallung direkt von der Admiralität.
Auspeitschen als Strafe gab es nicht für Offiziere, dies wäre für die Disziplin an Bord abträglich gewesen. Aber die jungen Gentlemen, die Midshipman, erhielten doch schon mal eine Tracht Prügel. Dann wurden sie über die Kanone gelegt und mit einem Stock bestraft. Typische Strafen für Offiziere waren Strafdienste (Wache um Wache gehen), Arrest, Degradierung und die unehrenhafte Entlassung.
Einem in Gefangenschaft geratenen Offizier, ausgenommen den Seekadetten, stand es zu, dass er mit den anderen Offizieren in einer besseren Unterkunft untergebracht wird. In Gefangenschaft erlaubte man ihnen sogar kurze Freigänge auf Ehrenwort und gewährte einen geringen Sold.
Captain
Jedes Schiff hatte einen verantwortlichen Kommandanten an Bord. Auf Schiffen des 1. bis 6. Ranges war dies der Captain.
Das Wort Captain, zu Deutsch Kapitän, wird in fast allen Sprachen vom lateinischen caput (Haupt), beziehungsweise capitaneus (Anführer), abgeleitet. Noch im Mittelalter wurden die Schiffe, es gab noch kaum echte Kriegsschiffe, von einem Master geführt. Der Master und seine Maaten kümmerten sich um die Führung und Ausrüstung des Segelschiffs. Die Hauptbewaffnung der Schiffe waren die Soldaten und ihm Gefecht kämpften sie Mann gegen Mann auf nebeneinander liegenden Schiffen. Diese Soldaten unterstanden nicht dem Master, sondern wurden von einem militärischen "Captain" aus dem Heer geführt. Er übernahm während des Gefechts auch die Führung des Schiffs. Mit der Einführung echter Kriegsschiffe änderte sich die Verantwortung auf dem Schiff. Der Master, oft auch Sailing Master gennant, und sein Maate wurden dem Militär untergeordnet und blieben als Segel- und Navigationspersonal an Bord.
Noch Ende des 17. Jahrhunderts war auf englischen Kriegsschiffen der Kapitän oder gar Admiral jemand, der von Seefahrt nicht unbedingt viel verstand, manchmal sogar ein Landgeneral. Darum brauchte er Personal, das die konkrete Schiffsführung übernahm, wie den Master, ein sehr wichtiger Posten, dessen einstmalige Bedeutung auch noch in napoleonischer Zeit spürbar war, obwohl die Kapitäne zu der Zeit weitaus kompetenter waren.
An diesen Ursprung erinnert auch die Bezeichnung "Master and Commander" für Kommandanten auf kleineren Schiffen, auf denen aufgrund ihrer geringen Mannschaftsgröße nicht für jede Funktion eine volle Stelle besetzt werden konnte und der Kommandant beide Rollen ausführen musste.
Die oft auftauchende Bezeichnung "Post Captain" war keine offizielle Rangbezeichnung. Sie unterschied nur den tatsächlichen Rang "Kapitän" von Kommandanten im Range eines Commanders oder Leutnants, die von der Besatzung trotzdem als "Kapitän" angesprochen wurden, obwohl sie den Dienstrang nicht innehatten.
Von großer Bedeutung für den Kapitän war die dreijährige Dienstzeit mit diesem Rang. Danach durfte der Captain nämlich zwei Epauletten auf der Schulter tragen und war dem Rang eines Colonels im Heer gleichgestellt.
Der Kapitänsrang war der einzige Offiziersrang, in dem die Klassifizierung des Schiffs Einfluss auf den Sold hatte. Der Kapitän eines Schiffs des 1. Ranges verdiente 1808 fast das Doppelte von dem, was ein Kapitän eines Schiffes des 6. Ranges verdiente.
Die Anforderungen an einem Kapitän waren sehr hoch, da er nicht nur für die militärische Führung, Navigation und Ausrüstung des Schiffes verantwortlich war, sondern auch die Pflicht hatte seine Offiziere zu führen und für ihre Handlungen haftbar war. Auch wenn er bei nautischen, technischen und kaufmännischen Aufgaben und Verantwortlichkeiten Unterstützung durch die ihm unterstellten Männer, vor allem der Leutnants erhielt, musste er für jede Entscheidung oder Verfehlung vor der Admiralität gerade stehen.
Nachdem er das Kommando über ein Schiff erhalten hatte, musste er sofort sämtliche Vorkehrungen treffen, um das Schiffe in kürzester Zeit Einsatzbereit zu bekommen. Die Admiralität interessierte sich wenig über die tatsächlichen Bedingungen auf dem Schiffe oder die Qualität der Mannschaft, diese waren sofort in der Verantwortung des neuen Kommandanten.
Der Kapitän durfte nach seiner Ankunft an Bord, bis zum Tag seiner Abberufung, es sei denn durch Befehl der Admiralität oder seinem aktuellen Oberbefehlshaber, das Schiff nicht mehr für außerdienstliche Belange verlassen.
Denn er musste als aller erstes seinen Offizieren und der Mannschaft ein Vorbild für Ehre und Tugend sein.
Sämtliche leichtlebigen und unmoralischen Gewohnheiten waren nicht nur zu unterlassen, sondern mussten durch den Kapitän verfolgt und geahndet werden.
Die Disziplin an Bord war in hohem Maße abhängig von den Eigenschaften des Kapitäns und jede Insubordination oder Verfehlung durfte auf keinen Fall geduldet werden. In dieser fast völlig unantastbaren Position, konnten sich schlechte Charaktereigenschaften des Kommandanten sehr negativ auf die Stimmung der Besatzung auswirken und im schlimmsten Fall zu einer Meuterei führen. Sollte ein Vergehen sogar mit dem Tod bestraft werden, so musste der Kapitän ein Kriegsgerichtsverfahren einleiten. Dazu mussten sich sieben Vollkapitäne versammeln, welche dann das Verfahren durchführten.
Wenn sein Schiff vollbemannt war, wurde von ihm erwartet, dass die erreichte Anzahl von Männern beibehalten wurde. Das bedeutete, dass er jede Desertierung verhindern und verfolgen musste. Sollten dennoch Seeleute für die Bedienung des Schiffs fehlen, war er befugt in einem Hafen Männer anzuwerben, beziehungsweise zu pressen.
Commander
Die Position "Master and Commander" tauchte im späten 17. Jahrhundert auf, als es notwendig wurde Offiziere auf Schiffe des sechsten Ranges abzukommandieren, die für einen full Captain zu klein waren. Diese Schiffe waren ebenfalls zu klein um einen Master an Bord zu haben, weshalb die Pflichten des Captains und des Masters in einem Offizier kombiniert wurden.
Nachdem auch die Schiffe des sechsten Ranges durchweg von Kapitänen befehligt wurden, wurde der "Master and Commander" auf die noch kleineren Sloops verschoben.
1747 wurde der Master and Commander ein normaler Rang und dem Major des Heeres gleichgestellt. Aber erst im Laufe des folgenden Jahrzehnts hatte er sich als regulärer Rang zwischen dem Captain und dem Lieutenant etabliert. Beförderungen vom Lieutenant direkt zum Captain kamen danach kaum noch vor.
Im Jahr 1794 wurde die offizielle Bezeichnung des Rangs auf "Commander" verkürzt.
Der Rang Master and Commander hatte Vor- und Nachteile. So konnten Offiziere zwar, ähnlich wie der Captain, selbständig Kommandos übernehmen und waren nur der Admiralität verpflichtet, aber der Offizier wurde nicht mehr automatisch befördert. Zudem konnte er ohne Kommando auf Halbsold gesetzt werden. Aufgrund der der geringen Anzahl von Kommandos, so gab es 1812 zum Beispiel mehr als 500 Commander für nur 168 mögliche Schiffe, fristen viele Offiziere für den Rest ihres Lebens ihr Dasein auf Halbsold. Dies lag daran, dass der Commander praktisch nie auf einem Linienschiff eingesetzt wurde. Dies sollte sich erst 1827 ändern, als die Admiralität erlaubt, dass Commander direkt unter dem Captain auf Schiffen Linie dienen durften.
Lieutenant
Der Kapitän wurde bei der Führung des Schiffes und der Mannschaft von seinen Lieutenants, den Leutnants, unterstützt und in seiner Abwesenheit von ihnen Vertreten.
Abgeleitet vom französischen "lieu tenir" (Statthalter) entspricht die Rangbezeichnung damit noch heute ihrer hauptsächlichen Bedeutung.
Alle Befehle des Kapitäns gingen fast nur über die Leutnants und die Ausführung wird von ihnen sichergestellt.
Auf einem Schiff des ersten Ranges waren acht Leutnants zu finden, auf einem Schiff des dritten Ranges 5 und auf dem sechsten Rang noch 2.
Früher warteten die aristokratischen Offiziere auf der Position des Leutnants auf ihre Beförderung zum Kapitän. Erst im 17. Jahrhundert wandelte sich der Leutnant zu einem vollwertigen Seeoffizier.
Das Leutnantsexamen war das Ziel der Midshipman, welches sie nach bestandener Prüfung und dem Mindestalter von 18 Jahren erhielten.
Im Unterschied zum Kapitän wurde der Leutnant nicht automatisch befördert und viele Offiziere kamen nie über diesen Rang hinaus.
Wurde ein Schiff außer Dienst gestellt, so musste sich der Leutnant schleunigst um eine neue Stelle umsehen, da er ansonsten auf Halbsold gesetzt werden konnte.
Auf See führten und kontrollierten die Leutnants die Wache. Sollte der Wachhabende einen Offizier oder Seemann finden der nicht seine Pflicht erfüllte, wurde dies unmittelbar dem Kommandanten gemeldet und mit hohen Strafen geahndet. Während der Wache war der Leutnant verantwortlich für die Segel und die Navigation, er durfte jedoch nur in größter Gefahr ohne Konsultation des Kommandanten den Kurs ändern.
Im Gefecht übernahmen die Leutnants die Führung einer Division. Jede Batterien und jeder Mast musste während dem Gefecht von einem Leutnant organisiert werden. Er war dafür verantwortlich, dass jeder Mann an der ihm zugeteilten Position stand. Es hatte eine Menge Druck und Rüffel gegeben, sowohl vom ersten Offizier als auch vom Kapitän, wenn die Masten in zu großen Abständen fertig wurden. Mindestens ebensoviel Druck, wie dieser auch für schlampige und zu langsame Batterien vergeben wurde.
Der dienstälteste Leutnant an Bord eines Schiffes war der first Lieutenant, der Erste Offizier. Er musste normalerweise keine Wache gehen und stand während dem Gefecht direkt neben seinem Kapitän um im schlimmsten Fall das Kommando übernehmen zu können.
Der jüngste Leutnant an Bord, der Lieutenant at arms, musste neben seinem normalen Dienst auch die Ausbildung der Mannschaft an den Handwaffen durchführen. Darüber hinaus war er dafür verantwortlich, dass die Waffen gereinigt und in einem guten Zustand waren.
Es kam oft vor, dass ein Leutnant das Kommando über ein unklassifiziertes Schiff, zum Beispiel eine Prise, übernahm. In diesem Fall wurde der Leutnant während der Dauer des Kommandos auch Kapitän genannt. Die war aber nur ein Titel und kein Rang! Auf den gun brigs, die ja nicht zu den Sloops zählten, war der Kommandant ebenfalls ein Leutnant und damit der einzige an Bord mit einem Offizierspatent.
Der Rang eines Sublieutenants war eine vorläufige Bestallung als Offizier für passed Midshipmen, Seekadetten mit bestandener Prüfung die noch nicht ihr Patent erhalten hatten, denen damit die Chance gegeben wurde, als Offizier auf kleinen, von Leutnants befehligten, Schiffen dienen zu können. Zugleich wurde den Kommandanten der kleinen Schiffe damit ein Offizier zur Seite gestellt.
War ein Pressgang notwendig um neue Seeleute zu rekrutieren, unterstand die "Pressgang" einem Leutnant.
Midshipman
Die Midshipman, die Seekadetten, waren gewöhnlich die Söhne wohlhabender oder aristokratischer Familien. Sie wurden in die Royal Navy geschickt um zu Offizieren ausgebildet zu werden. Die Bezeichnung rührt von der früheren Verwendung im mittleren Bereich des Schiffs, also Midship, und hielt sich bis in die heutige Zeit.
Die als Midshipman vorgesehenen Anwärter kamen im Alter von 12 bis 14 Jahren auf die Schiffe. Nach zwei Jahren Dienst auf See durften konnten sie Seekadett werden und sich auf die Prüfung zum Leutnant vorbeireiten. An Bord wurden sie in Navigation, Astronomie und Trigonometrie unterrichtet. Da nicht alle Seekadetten lesen und schreiben konnten, mussten diese auch darin unterrichtet werden. Falls der Kommandant den Luxus leistete, war sogar ein Lehrer an Bord. Dies war allerdings eher die Ausnahme.
Die Prüfung zum Leutnant durften sie nach 6 Jahren Dienst und dem Mindestalter von 18 Jahren ablegen. Die Prüfung konnte in der Regel dreimal wiederholt werden.
Midshipman konnte man im Prinzip so lange sein, wie man zur See fuhr. In Romanen über unsere Zeit ist ja immer wieder von alten Midshipmen die Rede, die schon in den 30ern oder gar älter sind. In der Praxis der damaligen Zeit erscheint das jedoch fraglich. Jeder Midshipman war bestrebt, sofern er das Zeug dazu hatte, auf dem Weg zum Leutnant die Prüfung als masters mate abzulegen, was ja auf jeden Fall zumindest ein höheres Einkommen bedeutete.
Midshipmen, die ihre Leutnantsprüfung bestanden hatten und auf eine Bestallung als Leutnant warteten wurden auch passed Midshipmen genannt. Es war weit verbreitet, dass diese die Wartezeit als Masters mates überbrückten, da auf dieser Position der Sold wohl höher war. Es gab aber auch viele Midshipmen, die vor der Prüfung als Masters mates dienten (irgendwann wurde das sogar Pflicht).
Der Rang eines Sublieutenants war eine vorläufige Bestallung als Offizier für passed Midshipmen, Seekadetten mit bestandener Prüfung die noch nicht ihr Patent erhalten haben, denen damit die Chance gegeben wurde, als Offizier auf kleinen, von Leutnants befehligten, Schiffen dienen. Zugleich wurde den Kommandanten damit ein Offizier zur Seite gestellt.