Befreiungskriege 1813 – 1814
Die Jahre 1813 bis 1815 sind besonders in Deutschland als Zeit der Befreiungskriege bekannt. Die Konvention von Tauroggen und die folgende Erhebungen in Preußen führten zu einem neuen Bund mit den europäischen Verbündeten, welche in der Völkerschlacht von Leipzig gipfelten und ein dramatisches Nachspiel bei Waterloo nach sich zogen. Entgegen vieler Meinungen kann man nicht von einer allgemeinen Erhebung Deutschlands sprechen. Während die Rheinbundstaaten und Süddeutschland sehr gut mit dem großen Bruder Frankreich leben konnten, gärte es vor allem in Norddeutschland und Preußen. Norddeutschland litt wirtschaftlich enorm unter der Kontinentalsperre, während in Preußen die Erinnerung an die Niederlage von 1806 und den Frieden von Tilsit nicht erlosch.
Konvention von Tauroggen
Auf ihrem Weg nach Russland durchquerte die „Große Armee“ 1812 Preußen und versorgte sich über die Bevölkerung. Diese zusätzlichen Belastungen, neben den drückenden Verpflichtungen aus dem Frieden von Tilsit, brachten den preußischen Staat fast an den Rand des Ruins. Neben den materiellen und finanziellen Verpflichtungen musste Preußen Napoleons Russlandfeldzug auch mit Soldaten unterstützen. Im Februar 1812 wurde Preußen gezwungen der „Großen Armee“ ein Hilfskorps mit 20.000 Soldaten zur Verfügung zu stellen. Dieses preußische Hilfskorps nahm an Napoleons Russlandfeldzug teil, kam jedoch glimpflich aus der Katastrophe zurück.
Generalleutnant von York hatte den Befehl erhalten Ost- und Westpreußen vor den Russen zu schützen und den Franzosen den Rückzug zu decken. Außerdem sollte Zeit gewonnen werden um neue Rüstungen und Verstärkungen heranzuschaffen. Gegen den Willen des preußischen Königs übernahm Generalleutnant York die Initiative und brachte einen Stein ins rollen, der letztendlich Napoleon vom Thron fegte.
Nach monatelangem russischem Drängen unterzeichnete Generalleutnant von Yorck am 30. Dezember 1812 eigenmächtig einen preußisch-russischen Waffenstillstand, die Konvention von Tauroggen, und löste damit das preußische Hilfskorps aus der Allianz mit Frankreich. Er selbst rechtfertigte seine Entscheidung mit einer vom König vor dem Russlandfeldzug gegebenen Vollmacht, wonach er in unvorgesehenen Situationen nach eigenem Ermessen und zum Wohle des Staates handeln sollte.
Der König stellte sich offiziell gegen seinen Generalleutnant, fürchtete er doch die Wut des französischen Kaisers. Dieser hatte bereits angedeutet Preußen nach einem erneuten Konflikt nicht bestehen zu lassen. Nach dem Willen des Kaiser hätte Preußen bereits 1807 aufgehört zu existieren, doch der russische Alexander wünschte einen Puffer zwischen seinem und dem französischen Reich.
Yorks Korps nahm daraufhin eine neutrale Stellung ein und zwang so die Franzosen dazu sich über die Elbe zurückzuziehen.
Am 11. Januar richteten sich 29 ostpreußische Notabeln an den König und baten diesen den Kampf gegen Napoleon aufzunehmen. York hatte bisher noch keine Nachricht vom König erhalten und begann Kontakt mit anderen Heeresführern aufzunehmen.
Dann rückte er mit seinem Korps in Preußen ein und organisierte eine Volkserhebung. Der Landtag, der 5. Februar 1813 in Königsberg zusammentrat, unterstützte York. Man verpflegte und ergänzte nicht nur bis zum Frühjahr das Yorksche Korps, sondern brachte auch nach wenigen Wochen ein Heer von 33.000 Mann auf.
Am 22. Januar regte sich endlich auch der König und reiste nach Breslau um sich einem möglichen Zugriff durch die Franzosen zu entziehen. Hier erließ er 3. Februar den Aufruf zur Bildung von freiwilligen Jägerkorps. Diesem Aufruf folgten viele Männer und ermutigten den König sich noch weiter von Napoleon zu entfernen.
Am 9. Februar folgte der erste Schritt um die allgemeine Wehrpflicht einzuführen. Dies alles geschah natürlich nicht, ohne das die Franzosen dies merkten. Es ist vor allem Hardenbergs Verdienst, dass Napoleon immer noch glaubte dies alles wurde in die Wege geleitet um der Bündnispflicht gegen Russland nachzukommen. Er stellte dem vermeintlich treuen Preußen sogar den Verzicht auf den Frieden von Tilsit in Aussicht und verkündete, dass im Sommer der Feldzug gegen Russland wieder aufgenommen werden sollte.
Der Krieg beginnt
Am 28. Februar schloss Hardenberg mit Russland den Vertrag von Kalisch ab, der Preußen zur zweiten Rolle verurteilte und für den Frieden nur Unbestimmtes festsetzte. Es folgten nun nacheinander die Stiftung des Eisernen Kreuzes, der Aufruf: "An Mein Volk" vom 17. März, die Verordnung über die Bildung der Landwehr und des Landsturms. Am 27. März 1813 erfolgte endlich die förmliche Kriegserklärung an Frankreich.
Die freiwilligen Jägerkorps, namentlich die von Major v. Lützow errichtete "schwarze Schar der Rache", sollten den Kern für die erwartete deutsche Volkserhebung bilden. Dieses Korps bestand aus mehr als 3.000 Freiwilligen, darunter bekannte Persönlichkeiten wie der Schriftsteller Theodor Körner und „Turnvater“ Friedrich Ludwig Jahn.
Die Hoffnung auf eine gesamtdeutsche Erhebung erfüllte sich indes nicht. Die deutschen Fürsten hielten sich mit wenigen Ausnahmen neutral oder blieben Napoleon treu. Preußen hatte es 1805 nicht gewagt der 3. Koalition beizutreten und an Österreichs Seite am Kampf teilzunehmen, da Russland sich weigerte, ihm Neutralität, geschweige denn Beistand zu versprechen. Jetzt zögerte Österreich dem neuen Bund gegen Frankreich beizutreten. Auch England regte sich zuerst nicht. Obwohl sonst immer in der ersten Reihe, wenn es gegen Napoleon Bonaparte ging, hatten die Engländer den Verlust von Hannover noch nicht vergessen und wollten erst sicherstellen, dass ihre Interessen auf dem europäischen Kontinent gewahrt werden.
So standen Russland und Preußen vorläufig allein. Ersteres hatte nur einen Teil seines Heers zur Verfügung. Preußen stellte aus den seit 1807 ausgebildeten Reserven ein reguläres Heer von 128.000 Mann auf, wozu noch 150.000 Mann Landwehr kamen, die allerdings wegen mangelnder Waffen und Montur nur zum Teil verwendbar war.
Überhaupt wurden die preußischen Rüstungen und die Bewegung der Truppen vielfach gehemmt durch die von den Franzosen noch behaupteten Festungen an der Weichsel, Oder und Elbe. Napoleon hatte nicht erwartet diese Festungen für immer zu verlieren und trug schwer daran im Feldzug, da ihm die Besatzungstruppen dringend fehlten.
Für den Offensivkrieg waren 36.000 Mann unter Blücher in Schlesien verfügbar. 54.000 Mann standen in der Mark unter dem Kommando von York, Bülow und Borstell. Den Oberbefehl hatte der russische Feldmarschall Kutusov. Langsam setzte man sich durch Sachsen, dessen König nach Prag floh, nach Thüringen in Marsch. Währenddessen hatte Napoleon, schon Ende 1812 nach Paris zurückgekehrt, mit Aufbietung aller Kräfte gerüstet. Napoleon gelang es nach seiner Ankunft in Paris 350,000 Mann auszuheben.
Bereits Anfang April erhöhten die Franzosen den Druck an der unteren und mittleren Elbe. Am 2. April kam es in Lüneburg und am 5. bei Möckern zu den ersten Kämpfen. Ende April stießen die Verbündeten unter dem Kommando von Blücher und Wittgenstein auf die französische Hauptarmee welche Napoleon durch Franken und Thüringen bis an die Saale herangeführt hatte.
Napoleon vermutete die Hauptkräfte der Verbündeten bei Leipzig und rückte am 2. Mai weiter in diese Richtung vor. Marschall Ney übernahm die Flankensicherung und stand in den Dörfern Großgörschen, Kleingörschen, Rahna. In dieser Schlacht gelang es den Alliierten zuerst die Franzosen aus den Dörfern zu drängen, aber die ständig nachrückenden Franzosen nutzen ihre Übermacht und konnten gegen Abend einen Erfolg verbuchen. Die Schlacht sollte am nächsten Tag fortgesetzt werden, aber Wittgenstein zog den Rückzug vor. Preußen und Rußen hatten sich in der Schlacht gut geschlagen. Schmerzlich war besonders die Verletzung von Scharnhorst, an deren Folge er sechs Wochen später starb. Die Allierten zogen sich zurück um hinter der Spree bei Bautzen eine neue Stellung zu beziehen. Sachsen wurde von ihnen aufgegeben, und der sächsische König Friedrich August schloss sich Napoleon an.
Der Waffenstillstand von Poischwitz war von Napoleon angeboten um selbst Verstärkungen heranziehen zu können. Später wird er dies als einen großen Fehler ansehen. Denn Österreich erkannte darin eine französische Schwäche und wandte sich der Koalition gegen Napoleon zu. Kaiser Franz I. und sein Minister Metternich hatten lange gezögert, wollten sie doch bloß die 1805 und 1809 verlornen Provinzen wiedergewinnen und ein zu starkes Preußen in Deutschland verhindern. Napoleon hatte alle Zugeständnisse schroff abgelehnt und Österreich damit praktisch in die Hände seiner Gegner getrieben.
Ein in Prag versammelte Friedenskongress löste sich am 11. August ohne Ergebnis auf, und am 12. August erfolgte die österreichische Kriegserklärung. Österreichs Beitritt lähmte allerdings vollständig die in Kalisch verkündete deutsche Politik Russlands und Preußens. Metternich war sich der günstigen Machtstellung Österreichs zu wohl bewusst und riss die Leitung der Politik bald ganz an sich. Sein Bemühen war, die bedrohten Rheinbundstaaten in ihrer vollen Souveränität und Macht zu erhalten und Preußen nur zu dem größten unter diesen Mittelstaaten werden zu lassen; auch Napoleon sollte bloß gedemütigt, Frankreichs Rheingrenze nicht angefochten werden. Er durchkreuzte daher die kriegerische Aktion immer wieder durch Friedensverhandlungen und verhinderte wiederholt die volle Ausbeutung eines errungenen Siegs.
Trotz alledem gewährte Österreichs Anschluss eine bedeutende Machtverstärkung, und als auch Schweden und England der Koalition beitraten, konnte man, von englischen Subsidien unterstützt, 480.000 Mann ins Feld stellen, denen Napoleon nur 440.000 entgegenzusetzen hatte. Am 12. Juli traffen sich Friedrich Wilhelm III., Alexander I. und der frühere französische Marschall Bernadotte auf dem niederschlesischen Schloss Trachenberg und verabreden einen Feldzugsplan.
Ihr Plan teilte die Heeresmasse der Verbündeten in drei Armeen: die böhmische oder Hauptarmee mit 230.000 Mann unter Schwarzenberg, die schlesische mit 100.000 Mann unter Blücher und die Nordarmee mit 128.000 Mann unter dem Kronprinzen von Schweden und ehemaligen französischen Marschall Bernadotte. Die oberste Leitung erhielt Schwarzenberg, in dessen Hauptquartier sich auch die drei verbündeten Monarchen Alexander, Friedrich Wilhelm und Franz begaben.
Die drei Armeen sollten so gegen den bei Dresden stehenden Napoleon operieren, dass beim gleichzeitigen Vorgehen gegen Sachsen von Böhmen, Schlesien und der Mark aus diejenige, gegen welche Napoleon mit seiner Hauptmacht sich wenden würde, zurückweichen, diesen nach sich ziehen und so den andern Zeit und Raum verschaffen sollte, in Sachsen einzubrechen und womöglich im Rücken Napoleons sich zu vereinigen.
Diesem Plan gemäß ging Blücher 15. August bis an den Bober vor. Napoleon zog ihm entgegen, während er Marschall Oudinot mit 70.000 Mann nach Norden schickte, um die Landwehr zu zerstreuen und Berlin einzunehmen. Aber die 50.000 Mann starke Landwehr unter Bülow griff Oudinot südlich von Berlin bei Großbeeren an und schlug ihn am 23. August gegen Bernadottes Willen, der Berlin hatte preisgeben wollen, mit geringem eignen Verlust zurück. Ein französisches Korps von 12.000 Mann unter Girard, welches Oudinots Unternehmen von Magdeburg aus unterstützen sollte, wurde am 27. August bei Hagelsberg vernichtet. Die böhmische Armee brach nun über das Erzgebirge in Sachsen ein. Am 25. Aug. war sie vor Dresden, zögerte aber mit dessen Besetzung, so dass Napoleon vorher die Stadt erreichte.
Ein am Nachmittag des 26. August unternommener Angriff der Alliierten misslang, und einen Tag später schlug Napoleon durch einen energischen Angriff den linken, österreichischen Flügel des Feindes und zwang ihn zum Rückzug nach Böhmen. Bei Kulm, dort wo der Nollendorfer Pass über das östliche Erzgebirge führt, sollte Vandamme den Verbündeten den Weg versperren und ihren Rückzug in eine vernichtende Niederlage verwandeln. Der Plan ging nicht auf, denn die übrigen Korps verfolgten nicht energisch genug, und Vandamme wurde selbst am 30. August bei Kulm gefangen genommen. Der preußische König und der Zar beobachteten die Schlacht vom Teplitzer Schlossberg aus.
Ein noch härterer Schlag für die Franzosen war, dass Macdonald, der mit 100.000 Mann Blücher in Schlesien weiter hatte verfolgen sollen, von diesem am 26. August an der Katzbach bei Liegnitz angegriffen und mit einem Verlust von 30.000 Mann und 100 Kanonen in die Flucht geschlagen wurde.
Napoleon zog nun selbst in die Lausitz, während Marschall Ney mit dem auf 70.000 Mann verstärkten Korps von Oudinot einen neuen Angriff auf Berlin versuchen sollte. Am 6. September griffen Bülow und Tauenzien mit 50.000 Mann das Heer Neys bei Dennewitz an. Ney ließ dort 15.000 Gefangene und 80 Kanonen in den Händen der Sieger und sein Heer existierte praktisch nicht mehr.
Die Lage Napoleons wurde von Tag zu Tag schwieriger. Blücher wich in der Lausitz einer Schlacht aus, aber der französische Kaiser konnte ihm nicht weit folgen. Wegen der böhmischen Armee musste er sich nach Dresden zurückziehen. Als Blücher mit der schlesischen Armee rechts ab nach der Mittelelbe marschierte, York am 3. Oktober bei Wartenburg den Elbübergang erzwang und auch die Nordarmee die Elbe überschritt, stellte sich Napoleon bei Leipzig.
Die Völkerschlacht
Der größte Teil seines Heers stand im Südosten der Stadt bei Wachau und Liebertwolkwitz. Im Norden stand Marmont mit 20.000 Mann. Im Ganzen hatte er 180.000 Mann gegen 200.000 Verbündete, die alliierte Nordarmee war noch nicht herangezogen. Die böhmische Armee griff am 16. Oktober von Süden her an; aber infolge ungeschickter Anordnungen Schwarzenbergs waren ihre Kräfte verzettelt, und von dem vielen, was man unternahm, gelang nichts: weder glückte es den Österreichern, Lindenau im Rücken der Franzosen zu nehmen, noch den Preußen und Russen, Wachau, den Schlüssel von Napoleons Stellung, zu erstürmen. Nach großen Verlusten mussten die Verbündeten zurückweichen. Bis hier konnte Napoleon sich den Sieg zuschreiben. Eine völlige Niederlage der böhmischen Armee wurde nur verhindert durch das Yorksche Korps, welches Möckern erstürmte, Marmonts Korps zertrümmerte und diesen sowie Ney hinderte, dem Kaiser nach Wachau zu Hilfe zu kommen.
Napoleon konnte sich nicht entschließen, den Rückzug anzutreten. Er wollte die 170.000 Mann Besatzungen in den Weichsel-, Oder- und Elbfestungen nicht preisgeben. Er bot am 17. Oktober Frieden an. Die Alliierten ließen das Angebot unberücksichtigt und griffen, jetzt durch die Nordarmee und das Korps von Bennigsen verstärkt, am 18. Okt. die Franzosen zum zweiten Mal an. Diese hatten sich, jetzt deutlich schwächer als der Feind, rings um Leipzig aufgestellt. Das Zentrum bildete das Dorf Probstheida. Hier befehligte Napoleon selbst, und wiederum gelang es, die Angriffe der böhmischen Armee zurückzuschlagen. Dagegen errangen im Norden von Leipzig die schlesische und die Nordarmee einen entschiedenen Sieg und drangen bis zu den Toren von Leipzig vor. In der Nacht vom 18. auf den 19. Oktober trat Napoleon den Rückzug an. Als Bülow am Mittag des 19. Oktober die Stadt erstürmte, fand er nur noch 20.000 Franzosen und unzählige Verwundete vor.
Exil und Rückkehr
Napoleon kämpfte seit der verlorenen Schlacht von Leipzig nur noch um seinen Thron und lehnte alle Friedensanträge, so günstig sie für Frankreich waren, ab, da er das Reich nicht kleiner hinterlassen wollte, als wie er es 1799 übernommen hatte. Den zu Anfang 1814 in Frankreich eindringenden verbündeten Heeren konnte Napoleon nur eine Feldarmee von 70.000 Mann entgegenzustellen und erlitt am 1. Februar bei La Rothière eine empfindliche Niederlage. Dennoch gelang es ihm noch einmal in den Gefechten von Champeaubert, Montmirail, Etoges und Vauchamps (11.-14. Februar 1814) über Blücher und bei Montereau (18. Februar 1814) über den Kronprinzen von Württemberg unerwartete Erfolge zu erringen. Doch endlich musste er sich der Übermacht beugen. Nach den Schlachten bei Laon am 9. und 10. März und bei Arcis sur Aube am 20. und 21. März wollte er durch einen kühnen Zug auf den Rhein den Krieg wieder nach Deutschland tragen und war bis Vitry marschiert, als er hörte, dass die Verbündeten im Marsch auf Paris seien. In Gewaltmärschen eilte er zurück, erfuhr aber wenige Stunden von Paris entfernt, dass die Stadt am 30. März kapituliert hatte. Napoleon begab sich daraufhin nach Fontainebleau, wo er auf die Nachricht, dass der Senat ihn am 1. April abgesetzt habe und die Behörden sowie die meisten Generale von ihm abgefallen seien, erst zu Gunsten seines Sohns und, als dies von den Verbündeten zurückgewiesen wurde, am 11. April für sich und seine Erben abdankte.
Dafür wurde ihm die Insel Elba als Fürstentum, die Beibehaltung des Kaisertitels und eine jährliche Rente von 2 Mill. Frank zugesprochen; auch durften ihm 400 Mann seiner Garde als Freiwillige folgen. Nachdem er am 20. April von seiner Garde in Fontainebleau Abschied genommen hatte, reiste er in Begleitung einiger Generale und mehrerer Offiziere der Verbündeten nach Südfrankreich und langte auf einer britischen Fregatte am 4. Mai auf Elba an.
Hier widmete er sich mit großem Eifer der Verwaltung der Insel und war der Gegenstand der Neugierde zahlreicher Reisenden. Den Verlauf der Dinge in Frankreich und auf dem Wiener Kongress beobachtete er, von seinen zahlreichen Agenten wohl unterrichtet, mit großem Interesse. Die Koalition seiner Feinde schien zu bröckeln.
Tatsächlich war seine Hoffnung nicht unbegründet. Im Dezember 1814 hatte sich auf dem Wiener Kongress ein Streit über die Zukunft von Sachsen und Polen entfacht. Russland strebte die Macht über Polen an und Preußen forderte Sachsen.
Der preußische König war dem Zar immer noch zu großer Dankbarkeit verpflichtet, war doch ihr Bündnis der Anfang von Napoleons Ende gewesen, und unterstütze daher Alexander. Russische Truppen hatten das Königreich Sachsen besetzt und den König interniert um Fakten zu schaffen und bald begann man die öffentliche Ordnung unter preußische Verwaltung zu stellen.
Österreich war gegen die Machterweiterung Preußens, wäre damit Wiens Einfluss auf Deutschland noch geringer geworden. Frankreich, vertreten durch Talleyrand, war ebenfalls gegen die Annexion Sachsens.
Berlin wurde durch den Plan eines deutschen Bundes ohne Preußen provoziert. Österreich hatte sich durch diesen Vorschlag zur Schutzmacht der kleineren deutschen Staaten erhoben.
Die Lage spitzte sich zu. Alexander und Metternich gerieten so in Streit übereinander, dass sogar ein Duell zwischen den beiden im Raum stand. Alexander erinnerte die Kongressteilnehmer daran, dass immer noch ein großer Teil seiner Armee in Mitteleuropa stationiert war. Der preußische Minister Hardenberg schrieb an Gneisenau, dass ein Krieg für Preußen besser wäre, als die Annahme der Kongressbedingungen.
Währenddessen gelang es Talleyrand Frankreich wieder auf die politische Bühne zu heben. Ein Defensivbündnis zwischen Frankreich, Österreich und England wurde geschlossen und machte Preußen und Russland deutlich, dass die Positionen unverrückbar waren.
Als Napoleon von dem steigenden Unwillen gegen die Bourbonen und der Anfang 1815 drohenden Differenz zwischen den Mächten vernahm, beschloss er, zumal er fürchtete, die Verbündeten könnten ihn der größeren Sicherheit halber in ein weit entferntes Exil schaffen, eine Rückkehr nach Frankreich zu wagen.
Die Garde wurde auf mehreren gemieteten Fahrzeugen eingeschifft, Napoleon selber bestieg am 26. Februar 1815 seine Brigg L'Innocent und landete, von den Engländern nicht bemerkt, am Nachmittag des 1. März zwischen Antibes und Cannes im Golf von Jouan. Sein Ziel war Paris und Napoleon wusste, dass der Erfolg vor allem von der Zeit abhing. Vor Elf Monaten hatte er Frankreich verlassen und wurde bei der Abreise von der Bevölkerung mit Schmährufen und Steinwürfen verabschiedet. Jetzt kehrte er zurück und hoffte, dass die Stimmung zu seinem Gunsten umgeschlagen war. Als er wieder französischen Boden unter sich hatte rief er "L'aigle avec le couleurs nationales volera de chlocher en clocher jusqu'aux tours de Notre-Dame" (Von Kirchturm zu Kirchturm wird der Adler mit den nationalen Farben fliegen bis auf die Türme von Notre-Dame).
Am 5. März erreichte ein Bote die Tuilerien und überbrachte Ludwig XVIII. die Depesche mit der Nachricht von Napoleons Landung in Frankreich. Noch sah er es als Bagatelle an und war sich sicher, dass die Polizei mit dem Problem fertig werden würde. Einige Stimmen waren sogar hoch erfreut, konnte man doch den Fall Bonaparte endgültig, und ohne Rücksicht auf europäische Vereinbarungen, zu einem Ende bringen.
Napoleon wandte sich durch das Gebirge nach der Dauphiné, wo ihn das Volk nicht unfreundlich, aber gleichgültig empfing. Einen Tag später schien die erste Schlacht unausweichlich. In dem Dorf Caps erhielt er die Nachricht, dass ein Bataillon des 5. Linienregiments aus Grenoble in Stellung gegangen war. Napoleon hatte ungefähr 1.100 Soldaten unter seinem Kommando und war damit dem Bataillon, welches nur aus 700 Mann bestand, überlegen. Doch ein Bürgerkrieg war das letzte was er suchte. Napoleon ließ die Trikolore ausrollen und die Marseillaise spielen. Dann ritt er auf die gegnerische Stellung zu. Als der Feuerbefehl erteilt wurde, öffnete er seinen aus vielen Schlachten bekannten grauen Mantel und wartete auf die Kugeln. Was ihn erreichte war ein lautes "Es lebe der Kaiser!" und die Soldaten stürzten jubelnd auf ihren Kaiser zu.
Am Abend wurde ihm die Regimentsfahne des 7. Linienregiments mit weiteren 1.800 Mann überreicht. Mit dieser Streitmacht erschien er vor Grenoble. 2.000 Soldaten schützten die Stadt und waren bereit gegen ihn zu kämpfen, doch die Bewohner der Stadt hatten sich bewaffnet und jubelten ihrem Kaiser zu und die Stadttore wurden eingeschlagen.
Von Lyon aus, das Napoleon am 10. März erreichte, sollte der bourbonische Gegenschlag geführt werden. Der Comte d'Artois hatte die Verteidigung der Stadt übernommen. Napoleons Vormarsch war so schnell gewesen, dass dem Bruder des Königs nur zwei Kanonen zur Verfügung standen. Aber drei Regimenter und 1.500 Nationalgardisten unter dem Kommando von Marschall Etienne Jacques Joseph Alexandre Macdonald sollten ausreichen um den Korsen aufzuhalten. Während einer Truppenparade sollten die Soldaten "Es lebe der König rufen!", doch es blieb recht ruhig. Der Comte d'Artois fürchtete zu recht mit diesen Truppen keine Schlacht gewinnen zu können und reiste sofort zurück nach Paris. Am Abend zog Napoleon unter dem Jubel der Bevölkerung in Lyon ein. Macdonald kehrte nach Paris zurück, wo er die königstreuen Truppen übernahm, die Ludwig XVIII. wenig später bei seiner Flucht beschützen sollten.
Doch entschied erst der Abfall Neys am 14. März seinen Sieg. Ney, der über 4.000 Mann verfügte, hatte Ludwig versprochen Napoleon in einem eisernen Käfig vorzuführen. Napoleon akzeptierte, dass einige seiner alten Weggefährten sich in erster Linie Frankreich verpflichtet sahen und unter den Bourbonen dienten. Ney, sich ebenfalls seinem Gelöbnis an die Bourbonen verpflichtet, erhielt eine persönliche Einladung Napoleons. Ney überlegte lange Zeit, doch am Ende reiste er nach Auxerre um sich Napoleon anzuschließen.
Der Abfall von Ney erschütterte Paris. Anstatt sich dem Kaiser entgegenzustellen verließ Ludwig in der Nacht auf den 19. März die Hauptstadt Paris um erst nach Lille und dann nach Gent zu flüchten. Um den Bourbonen Zeit zur Flucht zu lassen, verzögerte Napoleon seine Ankunft in Paris, die erst am 20. März erfolgte. Innerhalb von 20 Tagen hatte er eine Strecke zurückgelegt, für die man sonst die doppelte Zeit brauchte. Er hatte seine eigene Prophezeiung wahr gemacht und war wie ein Adler von Dorf zu Dorf in die Hauptstadt zurückgekehrt.
Wie sehr sich die Fähnchen in Paris wieder drehten, verdeutlichen die Zeilen von Lamothe-Langon: "Das Ungeheuer hat die Insel Elba verlassen. Der Räuber landete in der Bucht von Cannes. Der Usurpator ist in Grenoble eingezogen. Der Korse hat zu Lyon die Behörden empfangen. Bonapartes Armee wurde durch die des Marschall Ney verstärkt. Der furchtbare Rival der Bourbons befindet sich zu Fontainebleau in demselben Gemach, in dem er seine Abdankung unterzeichnete. Seine kaiserliche Hoheit wird noch heute abend in den Tuilerien sein."
Durch Verleihung einer freien Verfassung und durch Berufung liberaler Männer, wie Carnot und Constant, versuchte Napoleon die konstitutionelle und die republikanische Partei zu gewinnen. Die neue Verfassung wurde im April veröffentlicht und von der Bevölkerung angenommen.
Napoleon war in Paris, aber sein über alles geliebter Sohn war weit entfernt. Marie Louise dachte nicht daran nach Paris zurückzukehren. Ihr gemeinsamer Sohn sollte schon bald an den Wiener Hof ziehen, damit ihm dort alles Französische ausgetrieben werden konnte und er ein österreichischer Prinz wurde.
Sein Bruder Lucien, 1804 ausgewandert und von 1810 bis 1814 in englischer Gefangenschaft, kehrte zurück und versöhnte sich mit seinem Bruder. Joseph und Jérôme traten ebenfalls an Napoleons Seite, nur Louis fürchtete um seinen Herrschaftsanspruch auf den niederländischen Thron und weigerte sich nach Frankreich zurückzukehren.
Joseph wurde aufgefordert die russischen und österreichischen Abgesandten über die Respektierung der 1814 verabschiedeten Grenzen zu informieren. England wurde aufgefordert die Entscheidung des französischen Volkes zu akzeptieren.
Auf dem immer noch tagenden Wiener Kongress übernahm Talleyrand die Initiative und versammelte die Anwesenden hinter sich. Als verbrecherischer Akt wurde Napoleons Rückkehr verurteilt. England, Russland, Österreich und Preußen vereinbarten jeweils 150.000 Soldaten gegen Napoleon zu mobilisieren.
Napoleons Friedensangebote kamen ungeöffnet zurück. Wenn er das Kaiserreich sichern wollte, musste er wieder zu den Waffen greifen.
Der letzte Feldzug
Auf dem Wiener Kongress hatten die Anwesenden schon am 13. März eine förmliche Achtserklärung gegen Napoleon erlassen und am 25. März ihr Bündnis gegen ihn erneuert und die Zusammenziehung ihrer Heere beschlossen. Napoleon musste daher seinen Thron von neuem verteidigen.
Die Verbündeten beschlossen mit vier großen Armeen gegen Napoleon vorzugehen. Eine englisch-deutsche unter dem durch seine Siege in Spanien berühmt gewordenen Herzog von Wellington in Belgien, eine preußische am Niederrhein unter Feldmarschall Blücher, eine russische am Mittelrhein unter Feldmarschall Michael Andreas Barclay de Tolly und eine österreichisch-deutsche am Oberrhein unter dem Fürsten Schwarzenberg.
Diese vier Armeen sollten um die 715.000 Soldaten stellen, weitere Reserven wurden hinter den Linien bereits ausgehoben. Allerdings war die Meinung in den ehemals von Frankreich besetzten Ländern nicht durchweg gegen Napoleon. Ganz im Gegenteil, die Länder des Rheinbundes konnten sich bereits zu Beginn der Befreiungskriege nur schwer für die preußisch-russische Sache erwärmen und nur in Preußen saß ein tiefer Hass gegen Frankreich.
Außerdem erhoffte man sich in Berlin aus dem neuen Krieg mehr, als von dem Frieden von Wien.
"Dies ist das größte Glück, was Preußen begegnen konnte, nun fängt der Krieg von neuem an und die Armee wird alle in Wien begangenen Fehler wieder gut machen", sagte Blücher, nachdem er die Nachricht von der Rückkehr Napoleons erhalten hatte. (Die Befreiungskriege 1813 bis 1815. Carl Tanera 1913)
Blücher und seinem Generalstabschef Gneisenau standen vier Korps zur Verfügung und sie sammelten diese bei Jülich. Diese Korps waren den Generälen von Zieten, von Borstell, von Thielmann und von Bülow unterstellt. Zusammen mit den Armeen der Hessen, den thüringischen und oldenburgschen Truppen betrug Blüchers Armee Ende Mai etwa 135.000 Mann.
Bei Brüssel sammelte sich unter Wellington die englisch-deutsche Armee. Sie bestand aus 33.000 Engländern, 25.000 Niederländern, 16.000 Hannoveranern, 7.500 deutschen Legionären, 6.700 Braunschweigern und 7.300 Nassauern.
In vielen anderen Ländern war der Enthusiasmus jedoch gering, konnte man doch mit einem eingeschränkten Frankreich unter Napoleons Herrschaft gut leben. Nach den vielen Kriegsjahren machte sich eine ungeheure Kriegsmüdigkeit breit.
In den letzten Maitagen trafen sich Wellington und Blücher um das gemeinsame Vorgehen zu besprechen. Sie einigten sich sehr schnell auf Paris als Ziel ihrer beiden Armeen. Beiden war bewusst, dass sie als Helden in die Geschichte eingehen konnten, wenn sie ohne die Unterstützung der Österreicher und Russen den korsischen Unruhestifter fassten. Sie vereinbarten, dass ihre Armeen immer nur soweit voneinander operierten, dass sie sich gegenseitig innerhalb von 24 Stunden unterstützen konnten. Außerdem sollte jeder dem anderen sofort zur Hilfe eilen, wenn Napoleon eine der beiden Armeen angriff.
Demgemäß marschierte die preußische Armee im Maastal vorwärts. Am 27. Mai stand das Korps von Zieten in und neben dem Sambre-Tal zwischen Marchienes und Fleurus, dahinter das von Pirch I. (anstelle des Generals Borstell) um Namur. Thielmanns Korps war im Maastal und östlich davon in die Gegend von Dinant und Ciney vorgeschoben, und das Korps von Bülow bildete die Reserve bei Lüttich. Diese vier Armeekorpse hatten zusammen eine Stärke von 115.000 Mann. Das Korps des Grafen Kleist stand um dieselbe Zeit mit seinen 20.000 Soldaten noch um Trier.
Napoleon standen nach seiner Machtergreifung rund 200.000 Soldaten sofort zur Verfügung. Weitere 75.000 konnten kurzfristig ausgehoben werden. Die Massenaushebungen, wie zur Zeit der Revolutionskriege, blieben vorerst aus. Diesmal ließ er aber nicht die festen Stellungen außer Acht und bereitete besonders die Verteidigung von Paris vor.
Napoleon musste sofort handeln und den Feldzug gewinnen, bevor sich die vier Armeen der Koalitionäre vereinigt hatten. Gegen die beiden Armeen von Wellington und Blücher führte Napoleon 130.000 Mann in den Korps von Mortier, Drouet, d'Erlon, Reille, Vandamme, Gérard, Lobau und Grouchy. Die Soldaten mussten ausreichen um Wellington und Blücher nacheinander schlagen zu können. Er verließ am 11. Juni Paris und traf am 14. bei seiner Truppe ein und begann sofort mit dem Vormarsch.