Danton, George Jacques

Danton (spr. dangtong), Georges Jacques, einer der hervorragendsten Männer der französischen Revolution, geb. 28. Okt. 1759 zu Arcis sur Aube, beim Beginn der Revolution 1789 Advokat in Paris, vergeudete in grenzenloser Liederlichkeit seinen geringen Verdienst und war durch Laster und Genüsse aller Art abgestumpft.

Mirabeau erkannte in ihm eine bedeutende Stütze seiner Pläne, und wirklich war D. wie zum Revolutionär geboren. Seine Gestalt war kolossal, seine Stimme von durchdringender Gewalt, das Gesicht häßlich, von Pockennarben zerrissen, aber doch imponierend, das kleine Auge stechend und kühn, seine Rede phantastisch und ergreifend. Er besaß eine ungeheure, rücksichtslose Energie, kühnen Mut und einen weiten, umfassenden Blick.

Am 14. Juli 1789 begeisterte er die Massen zum Angriff auf die Bastille. Bald darauf Präsident des Distrikts der Cordeliers, klagte er im Sinn der Jakobiner 10. Nov. 1790 die Minister bei der Nationalversammlung an und stiftete mit Camille Desmoulins, Fabre d'Eglantine und Marat den Klub der Cordeliers, der den Klub der Jakobiner bald in politischem Fanatismus überbot, ohne sich von ihm zu trennen.

Mit dem Herzog von Orleans trat er in engere Verbindung und ward ein Genosse seiner wüsten Orgien. Nach Mirabeaus Tod immer entschiedener austretend, schlug er die ihm vom Hof gemachten Anträge aus, und auf seinen Ruf versammelte sich 17. Juli 1791 das Volk auf dem Marsfeld, um Absetzung des Königs und Gericht über ihn von der Nationalversammlung zu verlangen.

Lafayette und Bailly dämpften den Aufstand zwar, und D. mußte sich durch die Flucht der gegen ihn ausgesprochenen Verhaftung entziehen, kehrte aber bald darauf unter dem Schutz des Volkes nach Paris zurück und ward der Konstituierenden Versammlung zum Trotz Substitut des Prokurators der Pariser Stadtgemeinde.

Die Erstürmung der Tuilerien und den Sturz des Königtums 10. Aug. 1792 bereitete er hauptsächlich vor, und nach dem Sieg des Pariser Pöbels setzte er seine Ernennung zum Justizminister durch. Das Vorrücken der feindlichen Heere in der Champagne und das Wiederauftauchen der royalistischen Partei in Paris gaben ihm den Vorwand zur Organisierung der Septembermorde.

D. ließ sich hierbei nicht von Grausamkeit und Blutdurst leiten; ja, einzelnen, die ihn um Rettung anflehten, ließ er dieselbe angedeihen, z. B. Dupont, Barnave, Lameth und dem Abbe Barthélemy. Vielmehr wollte er durch die Blutthat den Royalisten Angst einjagen und, da er für sich selbst keine Rückkehr mehr sah, durch einen wilden Frevel des Fanatismus sie auch der Nation unmöglich machen.

Als der Konvent zusammentrat, legte D. sein Ministerium nieder und begab sich 30. Nov. 1792 mit Lacroix nach Belgien, um das revolutionäre Element auch dort auszubreiten. Von hier aus stimmte er für den Tod des Königs und zwar ohne Bedingung. In Belgien hauste er nach seiner gewöhnlichen Weise; Staats- und Kirchengüter wurden, teilweise zu seiner Bereicherung, konfisziert und verschleudert, die ihm entgegenstrebenden Parteien mit blutigem Eifer verfolgt, aber auch hier persönliche Rechte und Bitten nicht unberücksichtigt gelassen.

Indessen suchte er sich nach seiner Rückkehr nach Paris im März 1793 den Girondisten zu nähern, um mit ihrer Hilfe der Pöbelherrschaft einen Damm entgegenzusetzen und eine Diktatur des Konvents aufzurichten, ward aber als Mörder und Plünderer von jenen zurückgewiesen und nahm daher, als sie ihn durch eine Anklage wegen Hochverrats 1. April sogar stürzen wollten, von neuem mit dem Berge gegen die Gironde Partei.

Obwohl er nun mit zum Sturz der Gironde beitrug, wünschte er doch nicht die Hinrichtung der Girondisten. Diese Mäßigung machte ihn verdächtig; obgleich er das Gesetz des Maximum (Brottaxe) sowie die Besoldung der Sansculotten noch durchsetzte, sank sein Ansehen doch täglich; von dem Wohlfahrtsausschuß, in welchem seine Todfeinde als Mitglieder saßen, wurde er ausgeschlossen.

Er begab sich nun nach seiner Heimat Arcis und heiratete. Im November 1793 kam er zurück, entschlossen, dem widerlichen Treiben der Hébertisten ein Ende zu machen und der Menschlichkeit und Vernunft wieder Geltung zu verschaffen, und noch auf die Mitwirkung Robespierres vertrauend.

Doch dieser benutzte den Kampf zwischen den Dantonisten und den Hébertisten, um erst diese, dann jene zu stürzen. In der Nacht vom 31. März zum 1. April. 1794 wurde D. verhaftet. Am 3. April erschien er mit seinen Freunden Desmoulins, Westermann, Lacroix, Phélipeaux etc. vor dem Revolutionstribunal. Die Anklage lautete auf Entwürfe Dantons, den Herzog von Orléans auf den Thron zu setzen, auf sein Mitwissen um Dumouriez' Verrat etc.

D. behandelte die Richter mit Verachtung und rief bei der Verkündigung des Todesurteils: "Man opfert uns einigen feigen Räubern, aber sie werden ihren Sieg nicht lange genießen; ich ziehe Robespierre nach. Der Feige! ich allein besaß die Macht, ihn zu retten." Am 5. April 1794 bestieg D. mit seinen Freunden das Schafott. Als das Volk an der Guillotine Beifall brüllte, rief er: "Schweig still, undankbares Volk!", und dem Henker sagte er: "Ein Riemen ist genug, heb' den andern für Robespierre auf". Sein tragisches Geschick gab G. Büchner Stoff zu einem genialen Drama. Vgl. Bougeart, Danton documents authentiques (Brüffel 1861).


Meyers Konversationslexikon von 1888
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