HMS Victory (1:24)

HMS Victory (1:24)

Stefan Krapf baute die HMS Victory im Maßstab 1:24! Die Suche nach geeigneter Austellungsfläche für dieses fantastische Modell ist fast so spannend, wie das Modell selbst.

 

Ein Meisterstück der Modellbaukunst: die HMS Victory im Maßstab 1:24

Stefan Krapf aus Flossenbürg Bayern baute ein besonders beeindruckendes Modell der HMS Victory im Maßstab 1:24. Sein Modell steht heute im Explosion Museum in Gosport, England und ist dort eine Hauptattraktion.
Bereits im Alter von 11 Jahren wurde Stefans Leidenschaft durch ein Buch und die darin enthaltenen Bilder zur HMS Victory inspiriert. In den Folgejahren baute er verschiedene Modelle der HMS Victory, der Maßstab wurde zunehmend größer. Im Frühjahr 1995 begann er schließlich sein bisheriges Meisterstück, die HMS Victory im Maßstab 1:24.
Wer sich das Modell genauer anschaut erkennt, mit welch fantastischer Detailliebe Stefan sein Modell baute. Jedes Mitglied der Besatzung wurde individuell geschnitzt, bekleidet und bemalt. Die Kanonen wurden nicht etwa als Fertigteile dazugekauft, sondern in Eigenfertigung gegossen. Sämtliche Holzbauteile wurden aus selbst geschlagenem Eichenholz angefertigt. Auch bei Takelage und Besegelung gelang eine originalgetreue Abbildung bis ins kleinste Detail, so dass je nach Blickwinkel kaum mehr ein Unterschied zwischen Original und Modell feststellbar ist.
Für den gelernten Werkzeugmacher schien es nur ein Problem zu geben: die stattliche Größe des Schiffs. Aus diesem Grund suchte Stefan ein geeignetes Museum, um sein Modell ausstellen zu können. Die Wahl fiel auf England, allerdings bedurfte es diverser Anstrengungen - u.a. eine Brief an die Queen wie auch ein Interview bei BBC - um einen neuen Hafen für die HMS Victory zu finden. Schließlich wurde Anfang 2005 mit dem maritimen Explosion Museum in Gosport, England ein geeigneter Ort gefunden. Dort hat es, als viel bestaunte Hauptattraktion, seine neue Heimat in ummittelbarer Nähe zum Original, der HMS Victory im Hafen von Portsmouth.




Eckdaten

Maßstab

1 : 24

Gesamtlänge

440 cm

Breite

150 cm

Höhe

290 cm

Gewicht

150 kg

Bauzeit

1995-2003

Arbeitsstunden

6000

Gesamtkosten

Ca. 25.000 Euro

Besatzung

200 Figuren

Kupferplatten für den Rumpf

4.500

Nägel zur Befestigung der Kupferplatten

50.000

Häckelgarn für die Seile

Ca. 10km

Verbrauchtes Holz

Unmengen

Die Line-of-Battle Redaktion hat Stefan Krapf im Oktober 2005 folgende Fragen gestellt:



1) Nach welchen Plänen hast du das Modell angefertigt?

Als Grundlage fürs Modell dienten die Bücher "Anatomy of the ship - HMS Victory" von John McKay - und "Anatomy of Nelsons Ships" von Longridge. Für die Takelage war "Eighteenth century riggs und rigging" von James Lees und "Seamanship in the age of sail" von John Harland sehr hilfreich. Für die Mannschaft war der Ideengeber "Man-of-war" von Stephen Biesty (Deutsche Ausgabe "Das Schiff") Die Kleidung der Offiziere und Matrosen ist aus "Nelsons Navy" vom Osprey-Verlag entnommen.

2) Was waren die Hauptschwierigkeiten die es zu überwinden galt?

Beim Bau des Modells traten eigentlich keine größeren Probleme auf …bis auf die doppelt genähten Segel - manche auch dreimal - und dass der Rumpf zweimal gekupfert wurden musste. Die großen Probleme traten eigentlich weniger beim Bau des Modells auf, sondern eher bei der Suche nach einem passenden Platz. Meine Meinung, ein Museum fürs Schiff wäre schnell gefunden, hat sich als totale Fehleinschätzung herausgestellt. Typische Probleme mit Museen

  1. Generell kein Interesse vorhanden (Modellbauer werden oft als lästig betrachtet)

  2. Kein Geld für Umgestaltungsmaßnahmen und den Transport des Modells vorhanden.

  3. Kein Platz im Museum - Die meisten Museen haben in der Regel eh nur einen kleinen Teil ihrer Stücke in Ausstellungen - der Rest der Exponate lagert in Archiven und bleibt dem Besucher verborgen. Für einen Dreimaster im Maßstab 1:24 ist da erst recht kein Platz - oder es müssten teure Museumsumgestaltungen durchgeführt werden.

  4. Museum hat schon eine HMS Victory - Da die HMS Victory ja ein sehr berühmtes Schiff ist, haben viele Museen schon ein Modell vom Schiff. Die Victory ist das meist gebaute Modellschiff... zudem werden die Museen mit Angeboten an selbst gebastelten Modellschiffen überhäuft (Nachlass vom Großvater...), da spielen sich richtige Tragödien ab, weil die kleinen Meisterwerke keiner haben will.
    Ich habe bei ca. 40 Museen in England und Deutschland erfolglos angefragt.

3) Warum hast Du Dich für das Museum in Gosport entschieden?

Gosport ist mit der Original-Victory sehr eng verbunden. Das Originalschiff lag ganze 110 Jahre bei Gosport vor Anker - nur wenige hundert Meter entfernt von dem Gebäude, von welchem Nelsons Flotte vor der Trafalgarschlacht mit Schießpulver versorgt wurde.
Den Gosporter'n hat man im Jahr 1922 die Victory "weggenommen", als sie auf die andere Hafenseite nach Portsmouth gebracht wurde - so hat man es jedenfalls dort empfunden.
Das Pulverlager wurde heute zum Explosion! Museum - und welcher Platz auf der Welt "erfordert" mehr ein angemessenes HMS Victory Modell als dieser?
Vom Museum kann man auch direkt zur großen Victory nach Portsmouth hinübersehen.
Andere Frage: Warum hat sich Gosport für meine Victory entschieden?

  1. Weil meine Victory eine witzige Mannschaft und Segel hat.

  2. Gosport einen großen Bezug zur HMS Victory hat.

  3. Es war der 200. Jahrestag der Trafalgar-Schlacht.

  4. Im Explosion Museum war der notwendige Platz vorhanden.

  5. Ich hatte ein Schreiben von der Queen und war im BBC Fernsehen.

  6. Ich hatte ganz, ganz viel Glück! (ansonsten würde das Modell jetzt in einer Garage verrotten - und alle Arbeit wäre umsonst gewesen!)

4) Hast Du bereits ein weiteres Großmodell in Fertigung?

In der "Bibel" der Schiffsmodellbauer - "Historische Schiffsmodelle" von Wolfram zu Mondfeld - steht ja unter Maßstabswahl geschrieben, dass man eigentlich nur kleinere Schiffe (Briggs usw.) in 1:24 bauen soll - er hat recht!!

Als ich im Alter von 18 Jahren mit der Victory angefangen hab, war mir überhaupt nicht bewusst, was an Zeit- und Geldaufwand auf mich zukommt.

Über die Zukunft des Modells - wenn's mal fertig ist - hab ich mir überhaupt keine Gedanken gemacht. Es handelt sich hier um klaren Jugendlichen Leichtsinn! Motto: Es wird schon wie werden!

Für den Bau eines großen Schiffsmodells müssen die Rahmenbedingungen stimmen.

Man braucht viel Platz, viel Zeit, viel Geld und eine große Begeisterung für Segelschiffe.

Keine der genannten Bedingungen würden heute auf mich noch zutreffen. Ich habe weder den Platz, noch bin ich bereit weiter so viel Geld und Zeit zu opfern. Man kann mit Schiffsmodellbau nicht seinen Lebensunterhalt bestreiten.

Segelschiffe gefallen mir natürlich immer noch - aber eine große Victory reicht mir!

Im Moment baue ich ein Rekonstruktionsmodell von der Burg meiner Heimatgemeinde - im Maßstab 1:150. Hier arbeite ich mit einem Archäologen und Burgexperten zusammen.

Der Standort für das ca. 2 Meter lange Modell steht schon fest - in der Gemeindeverwaltung. Allerdings werde ich auch hier Probleme haben, meine Baukosten wiederzubekommen..



5) Was würdest Du heute an dem Modell anders machen?

Besser machen kann man an dem Modell viel - aber irgendwann muss man sich mal mit seiner eigenen Unvollkommenheit und den Fehlern seiner Baupläne arrangieren.

Was die Fehler in den Bauplänen anbelangt:

Aus heutiger Sicht würde ich natürlich versuchen, so viele Informationen über die Orginal-Victory und deren Trafalgar-Zustand herauszubringen. Dies würde bedeuten, dass ich in Archiven in England herumstöbern müsste… und am Schluss hätte ich dann wohl noch mehr offene Fragen als am Anfang.

Was was eigene handwerkliche Geschick anbelangt:

Das Modell ist sicherlich nicht perfekt gearbeitet... ich war ja gerade mal 18 Jahre alt als ich zu bauen angefangen habe. Bei einer "Neuauflage" des Modells würden wohl einige Kleinigkeiten besser werden - es könnte aber auch sein, dass mir manche Dinge nicht mehr so gelingen würden.


Wir bedanken uns bei Stefan Krapf für die Beantwortung der Fragen, sowie den Bildern in dem Beitrag. Allen Interessierten empfehlen wir dringend einen Besuch der www.hmship.com. Dort befinden sich neben weiteren Bilden noch mehr Informationen, Bilder und der BBC-Beitrag.