Royal Navy - Geschichte
Die früheste bekannte Seeschlacht in britischen Gewässern fand angeblich im Jahr 719 statt. Am Ende des 8. Jahrhunderts erreichten dänische und norwegische Wikinger den Norden und Osten von England um zu erobern und siedeln.
Es wird angenommen, dass König Alfred, der König des letzten angelsächsischen Königsreichs auf englischem Boden, der Begründer der englischen Navy ist. Er bekämpfte 897 auf bis zu 45 Meter langen Langschiffen die Wikinger. Die Schiffe trugen hunderte von Kriegern, und damit deutlich mehr als die Feinde, die im Nahkampf fast jedes Schiff übernehmen konnten.
Im Jahr 1016 bestieg König Canute den Thron. Er unterhielt eine mit Söldner bemannte Flotte. Seine eingeführte Marine sollte der späteren Navy sehr ähnlich werden, wurde jedoch von Edward the Confessor wieder aufgelöst.
König Harolds Flotte gelang es fünfzig Jahre später, genauer gesagt 1066, nicht die Invasion von William dem Eroberer zu verhindern. Die neuen normannischen Könige interessierten sich nicht sonderlich für die Marine. Einige Schiffe wurden ihrer eigenen Flotte zugefügt, der Rest nicht mehr benötigt.
Als das Mittelalter anbrach, waren die wichtigsten Schiffe kurze und schnelle Segelschiffe mit einem einfachen Aufbau an Bug und Heck (forecaste und aftercastle) versehen. Ihre Bewaffnung bestand hauptsächlich aus den Soldaten an Bord, aber Bogen und Pfeil, Katapulte und die ersten Kanonen wurden genutzt um die Besatzung des gegnerischen Schiffs vor dem Nahkampf zu dezimieren. Noch wurden die Schiffe von einem Master geführt, im Falle eines Gefechts übernahm der Führer der Soldaten das Kommando.
1217 sollte ein Schicksalsjahr für England werden. Nach dem Tod von König John begann eine Rebellion der Barone gegen den jungen König Henry III. Eine französische Armee landete in England um die Rebellen zu unterstützen. Dem Regenten William gelang es die Rebellion erfolgreich zu bekämpfen und wichtige Küstenstädte zurück zu erobern. Eine große französische Flotte wurde nach London geschickt um die von den Rebellen gehaltene Stadt zu sichern. Den Franzosen wurde eine britische Flotte unter dem Kommando von Hubert de Burgh entgegengeschickt. Unter günstigen Winden gelang es ihm die französische Linie von hinten aufzurollen und ein Schiff nach dem anderen zu übernehmen. Sein überragender Sieg läutete das Ende der Rebellion ein.
Die Könige des frühen 15. Jahrhunderts unterhielten mal größere, wie zum Beispiel Henry V., dann wieder kleinere Flotten. Nach seinem Tod im Jahre 1422 wurde die englische Flotte weitgehend verkauft. Die englischen Interessen auf See wurden in den folgenden Jahren von Händlern vertreten. Als Henry VII. 1509 starb, hatte er nur noch 6 Schiffe in seiner Flotte.
Mit der Herrschaft seines Sohns, Henry VIII., setze ein Umdenken ein. Er fürchtete sich vor der Flotte der Schotten. Diese hatten eine große Flotte errichtet, darunter die stark gepanzerte und mit Kanonen ausgerüstete "Great Michael", um die Herrschaft der westlich von England gelegenen Inseln zu sichern. Dies war nicht nur eine Prestigefrage, sondern nach dem schottisch-französischem Bündnis eine ernste Gefahr für England.
Henry VIII. begann mit dem Aufbau einer neuen Flotte: Der Royal Navy. Viele Schiffe, darunter die "Mary Rose", wurden gebaut um der schottischen Flotte gleichzukommen. Aber nicht nur große Schiffe wurden gebaut. Kleinere Kriegsschiffe, welche Vorteile in Geschwindigkeit und Feuerkraft vereinten, wurden gebaut um die Flotte zu verstärken. Als Henry VIII. im Jahr 1547 starb, hatte die Royal Navy bereits 58 Schiffe.
Mit der großen Anzahl von Schiffen, inklusive Magazinen und Werften, war es notwendig geworden, dass eine effektive Verwaltung eingerichtet wurde. 1546 führte König Henry VIII. deshalb den Marinerat (Council of the Marine), später Navy Board, ein. Dieser Rat sollte sich um sämtliche Angelegenheiten der britischen Marine kümmern und strategische Entscheidungen fällen. Nominell wurde das Board durch den "Lord High Admiral" geführt. Der "Lord High Admiral" gehörte zu den neun "Great Officers of State" und war damit eine der wichtigsten Führungskräfte Englands.
Die berühmte Elizabeth I. erbte 1558 nur 27 Schiffe. Statt in eine eigene Flotte, investierte sie in private Unternehmungen, mit anderen Worten Piraterie, um die spanische Vorherrschaft im Atlantik zu bekämpfen. Für die Königin segelten Männer wie Sir John Hawkins oder Sir Francis Drake um mit königlichen und privaten Schiffen gegen die Spanier vorzugehen.
Die Spanier, die absolute Seemacht in dieser Zeit, mobilisierten eine gewaltige Flotte: Die legendäre Armada. Mit dieser Flotte sollte England ein für allemal in seine Schranken gewiesen werden. Im Jahr 1588 wurde die Armada von englischen Schiffen vernichtend geschlagen. Spanien sollte sich von diesem Schlag nur sehr schwer erholen.
Nach dem Tod von Elizabeth I. im Jahr 1603 bis zum Antritt von Charles I. 1625 änderte sich nicht viel im Aufbau der Flotte. Er baute seine Flotte aus und 1633 hatte er 50 aktive schiffe. Finanzielle Probleme und schlechte Verwaltung zwangen ihn 1642 seine Flotte auf 42 Schiffe zu reduzieren.
Als 1642 der englische Bürgerkrieg ausbrach, begann das Commonwealth-Regime mit dem systematischen Ausbau der Flotte. Keine zehn Jahre später hatte sich die Flotte verdoppelt (102 Schiffe), benötigte jedoch die damals stattliche Summe von 400.000 Pfund für denn Unterhalt.
Aber nicht nur die Flotte hatte sich verändert, sondern auch ihre Taktik. Die Breitseitentaktik hatte sich endgültig durchsetzt und die Schiffe kämpften jetzt in der "Line of Battle".
Die ideale "Line of Battle" war aufgeteilt in drei Schwadronen. Jede mit ihrem Admiral, Vize-Admiral und Konter-Admiral. Die neue Flotte, angeführt von exzellenten Führungskräften und in den modernsten Formationen kämpfend, trat erfolgreich gegen Holländer und Spanier an und wackelte am Thron der Herrscher der Meere.
Als König Charles II. 1660 den Thron bestieg, stand ihm eine gewaltige Flotte von 154 Schiffen zur Verfügung. Zum ersten Mal hatte England eine ständige Flotte: Die Royal Navy, so wie sie noch heute im Dienst steht, begann in diesen Jahren dauerhaft zu existieren.
Mit der wachsenden Flotte wurde die Verwaltung immer aufwändiger. Samuel Pepys arbeitete bereits für das Navy Board, als er die Admiralität (Admirality) ins Leben rief. Mit dem neu geschaffenen Ministerium sollte die Navy auch politisch und strategisch effektiver eingesetzt werden.
Im Jahr 1688 waren Holland und Spanien nicht länger die englischen Hauptfeinde. Von diesem Zeitpunkt an, sollte sich das englische Schwert, beziehungsweise die englische Kanone, gegen Frankreich richten. Und das bis ins Jahr 1815!
Während Frankreich, anders als England, gebunden an unnatürliche Landesgrenzen, seine Kräfte auf Marine und Heer aufteilen musste, konnte England weiterhin sein Augenmerk auf die Ozeane richten. In diesen Jahrzehnten war die Beherrschung der Meere ungleich wichtiger als jemals zuvor, oder auch später. Zahlreiche Siege wie der von Russell bei Barfleur und La Hage im Jahr 1692, Ansons Erfolg bei Kap Finisterre in 1747 oder Hawkes Sieg in der bretonischen Quiberon Bucht 1759 wiesen den Weg zu den großen Erfolgen von Howe am ersten Juni 1794, Nelsons Sieg am Nil im August 1798 und dem Ende dem endgültigen Sieg über Napoleons Flotte bei Trafalgar im Jahr 1805.
Aber wer glaubt, dass die französische Flotte den Briten nicht ebenbürtig war, der täuscht sich gewaltig und schmälert damit den Erfolg der Royal Navy.
Wie wichtig die Beherrschung der See und die Marine für England wurde, beweist allein die Anzahl der Schiffe in der Flotte. Von 1700 wuchs die Flotte von 270 Schiffen auf bis zu 500 im Jahr 1793 an. Bis 1805 sollten mehr als 950 Schiffe in der Royal Navy sein! Dass die französische Flotte viel besser als ihr Ruf war, beweisen zudem zahlreiche Siege.
Während dem Krieg von 1689 bis 1697 besiegten die Franzosen eine englisch-holländische Flotte bei Beachy Head und konnten erfolgreich gegen die britische Handelsmarine vorgehen.
Während dem amerikanischen Unabhängigkeitskrieg kämpften die Franzosen, auch wen es ihnen letztendlich nicht viel brachte, auf der Seite der aufständischen Kolonie. Die Französische Flotte konnte in diesem Krieg einige Erfolge verbuchen, auch wenn der englische Admiral Rodney 1782 bei den Les Saintes in der Karibik einen berühmten Sieg einfahren konnte.
Am Anfang der amerikanisch Unabhängigkeit hatte die Royal Navy mit der noch jungen Continental Marine keine großen Probleme und versenkte oder eroberte viele der amerikanischen Schiffe. Mit dem Eintritt der Franzosen in den Krieg veränderte sich die Situation drastisch. Der Konflikt weitere sich von der amerikanischen Küste auf die Karibik aus und zahlreiche Gefechte, mit unterschiedlichen Ergebnissen, wurden ausgetragen. Ausschlaggebend für den Verlust der amerikanischen Kolonien dürfte die Schlacht in der Chesapeake Bucht von 1781 gewesen sein. Den Engländern gelang es nicht die französische Blockade zu durchbrechen und beschleunigten damit die Niederlage von Lord Cornwallis in der Schlacht von Yorktown und die anschließende Kapitulation der britischen Streitkräfte.
Es war vor allem die Französische Revolution, die ab 1793 der französischen Marine, dem Hauptfeind der Royal Navy, die Chancen auf Erfolge nahm. Zahlreiche erfahrene Offiziere mussten den Weg zur Guillotine antreten.
Nach Trafalgar sollte der Krieg gegen Frankreich noch 10 Jahre dauern. In dieser Zeit war, neben vereinzelten Siegen über französische Schiffe, die Blockade der napoleonischen Häfen der größte Erfolg. Frankreich wurde davon abgehalten seine bei Trafalgar verlorene Flotte wieder aufzubauen.
Im Zusammenhang mit der Blockade kam es 1812 zu einem erneuten Ausbruch der Feindseligkeiten zwischen England und den Vereinigten Staaten von Amerika. Auch wenn die amerikanischen Fregatten, aufgrund ihrer massiveren Bauweise und stärkeren Bewaffnung überlegen, einige Siege errungen konnten, war England im Jahr 1815 die Herrscherin der Meere.